Der Unternehmerbrief aus der Hauptstadt


70. Jahrgang / 58 vom 28.07.2016   << zum Inhaltsverzeichnis      
     
Politik | Immobilien: Angriff auf neues Hypothekenrecht
Einige Bundesländer, viele Sparkassen und die Bauwirtschaft wollen die verschärfte Hypothekenvergaberichtlinie wieder kegeln. Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) steht an der Spitze der Bewegung. Sie wurde von den Sparkassen ihres Bundeslandes aktiviert. Bayern hat Unterstützung für den Vorstoß signalisiert.
Grund für den Angriff auf das Hypothekenvergaberecht sind die negativen Auswirkungen auf den Markt. Die Hypothekenkreditvergabe der Banken und Sparkassen in Baden-Württemberg ist seit Inkrafttreten der EU-Regelung um 20% eingebrochen. Bundesweit liegt das Minus bei den Sparkassen gut im zweistelligen Bereich. Das bekommt auch die Bauwirtschaft heftig unangenehm zu spüren.
Im Kern geht es um ein Zurückdrehen der Sicherheitenanforderungen bei der Kreditvergabe. Denn bisher stand bei der Risikobewertung durch die Geldhäuser der Wert der Immobilie im Mittelpunkt. Seit Ende März müssen die Banken die Einkommensentwicklung der Schuldner abschätzen - und darauf aufbauend Kreditentscheidungen treffen. Folge: Ältere Menschen und junge Familien bekommen schwerer Kredite. Denn in beiden Fällen ist die nachhaltige Einkommensentwicklung eher unsicher (Tod, Kinder). Hinzu kommt ein Rechtsrisiko für Banken: Verschätzen sie sich, können sie später für falsche Einschätzungen auch von Kreditnehmern haftbar gemacht werden.
Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie ist die Bundesregierung über das Ziel hinausgeschossen. Laut EU-Richtlinie sollte diese Regelung nicht für den Neubau oder die Renovierung von Wohnimmobilien gelten (nur für Bestandsbauten und Gewerbeimmobilien). In der deutschen Umsetzung wurde die EU-Regelung aber auf alle Segmente ausgedehnt. Das soll nun rückgängig gemacht werden.
Fazit:
Wir erwarten noch in diesem Jahr einen Vorstoß gegen das neue Hypothekenvergaberecht. Eine Einigung im Bundesrat ist nicht unwahrscheinlich. Die gesetzliche Umsetzung könnte dann sehr schnell gehen.