Der Unternehmerbrief aus der Hauptstadt


69. Jahrgang / 48 vom 25.06.2015   << zum Inhaltsverzeichnis      
     
Unternehmen | Recht: Interessenkonflikt bei Anwälten
Ähnlich wie im Bankenbereich (Provisionen/Kickbacks) gibt es auch bei Anwälten latente Interessenkonflikte. Sie werden durch die Gebührenordnung provoziert. Problematisch ist vor allem die im Zivilrecht vorkommende Einigungsgebühr (früher Vergleichsgebühr). Sie fällt an, wenn eine wie auch immer geartete Erledigung der Rechtsangelegenheit herbeigeführt wird, an der der Anwalt mitgewirkt hat.
Die Einigungsgebühr kann Anwälte dazu verleiten, Klienten zu übervorteilen. So wird uns beispielhaft der Fall erzählt, in dem ein Richter auf einen Vergleich mit relativ geringen Forderungen des Klägers gedrungen hätte - mit Hinweis darauf, die Gegenseite würde mehr erfahrungsgemäß nicht akzeptieren. Dies, obwohl der Richter gleichzeitig zu verstehen gegeben hatte, dass man das Verfahren wohl gewinnen würde. Zöge er das Verfahren für den Klienten durch, käme der Anwalt ohne die Vergleichsgebühr am Ende aber finanziell schlechter weg. Auf der Webseite RVGo "Alles über Rechtsanwaltsgebühren" heißt es: Eine Einigung über einen Streitwert von 10.000 EUR, die anhängig waren (also bei Gericht zur Entscheidung standen), bringe 449 Euro, bei 5.000 Euro, die nicht anhängig waren, sind es 451,50.
Begründen lassen sich gegenüber dem Klienten (voreilige) Einigungen immer. Der weitere Verfahrensverlauf sei ungewiss, weitere Instanzen drohten. Sie würden den Zeitpunkt nach hinten schieben, bis der Klient Geld sieht.
Fazit:
Seien Sie misstrauisch, wenn Ihnen ein Vergleichsangebot unterbreitet wird. Insbesondere, wenn die weiteren Verfahrenschancen gut für Sie stehen. Fragen Sie den Anwalt ruhig nach den Gebühren.