Der Unternehmerbrief aus der Hauptstadt


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70. Jahrgang / 37 vom 12.05.2016   << zum Inhaltsverzeichnis      
     
Betrieb | Personal: Arbeitsmarkt-Aktionismus
Die gerade beschlossenen Arbeitsmarktreformen (Stichworte Leiharbeit und Flexi-Rente) machen Ihnen vermutlich nur mehr Aufwand. Dass Unternehmer von ihnen einen größeren Nutzen haben, bezweifeln wir. Im Einzelnen:
Flexi-Rente: Die Anreize für ein Weiterarbeiten sind eher gering. Haupthindernis: Wer als Rentner mehr als 450 Euro verdient, bekommt vom Mehrverdienst satte 40% als Abgabe abgezogen. Das ist zwar weniger als bisher, bleibt aber eine durch nichts gerechtfertigte Sondersteuer. Warum hier nicht der normale Steuersatz greift, sondern ein Extra-Recht geschaffen wird, ist nicht erklärbar - und dürfte nicht gerade motivierend wirken. Auch der Wegfall der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (1,5%) bringt materiell wenig. Ein zugkräftiger Anreiz zur Weiterbeschäftigung mit 63 Jahren sieht anders aus.
Rentenbeiträge: Diese sollen künftig tatsächlich zur Rentenerhöhung beitragen. Neben den Arbeitgebern (wie bisher) sollen auch die Arbeitnehmer einzahlen dürfen. Die Möglichkeit, die Rente aufzubessern, haben aber vor allem Geringverdiener nötig, nicht die umworbenen, gut verdienenden Fachkräfte, die länger im Unternehmen gehalten werden sollen.
Leiharbeit: Die Veränderungen (auch bei Werkverträgen) sind nur Kosmetik. Die durchschnittliche Dauer der Leiharbeit liegt bei einem Vierteljahr. Die Befristung auf 18 Monate Dauer und die Verpflichtung, nach neun Monaten Leiharbeiter so wie Stammarbeiter zu bezahlen, bringt also kaum etwas. Bei den Werkverträgen gibt es nur eine Informationspflicht an Betriebsräte - aber keine Mitbestimmung.
Fazit:
Die 2013 verabredete Reform tut nicht weh - sie wirkt aber auch kaum bei der angestrebten Behebung von Missbräuchen, bei der Reduzierung von Altersarmut und Fachkräftemangel.