FUCHS in den Medien

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Der LION, Oktober 2008

Börsenstrategen setzen auf die USA

Auf die USA ist derzeit kaum ein Investor gut zu sprechen. Dort nahm die Kreditkrise ihren Anfang. Sie infizierte auch das europäische Bankensystem und hält bis heute die Weltfinanzmärkte in Atem. Unzählige Hausbesitzer verlieren ihr Eigentum. Um das Finanzsystem zu stabilisieren, senkte die US-Notenbank die Leitzinsen bis auf 1,5 %; der US-Dollar brach ein. Die Regierung stellte Schecks aus, um den Konsum zu stabilisieren.
Volkswirte kritisieren seit Jahrzehnten, dass Amerika über seine Verhältnisse lebt. Das Leistungsbilanzdefizit steigt von Jahr zu Jahr. Einige Auguren prophezeien den USA bereits den Abstieg in die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit. Doch das ist zu kurz gedacht. Die Vereinigten Staaten wurden schon häufiger totgesagt. Eingetreten sind die Prognosen der Schwarzmaler jedoch bisher nie.
Dieses Mal wird es wieder so sein. Denn die ausgeprägte Konsumfreudigkeit der Amerikaner hat auch ihre guten Seiten. Wer einen Kredit erhält, investiert auch mehr. Unternehmen und Verbraucher profitieren also, wenn die Banken ihnen Darlehen zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellen. Dass man den Bogen dabei nicht überspannen darf, steht auf einem anderen Blatt.
Die Immobilien- und Bankenkrise hat andere Wirtschaftssektoren bisher weniger stark mitgerissen als insbesondere Bankvolkswirte erwartet hatten. So stieg die Arbeitslosigkeit nur moderat. Ferner wird für 2008 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,4 % erwartet. Damit wären die USA weit von einer Rezession entfernt. Probleme bereiten allerdings die hohen Rohstoffpreise sowie eine Inflationsrate von offiziell 4%.
Doch auch hier ist Besserung in Sicht. Die Notierungen für Rohöl und Industriemetalle korrigierten zuletzt deutlich. Gleichzeitig erholte sich der US-Dollar von seinen Tiefständen. Namhafte Konzerne, mit Ausnahme der Banken und des Automobilsektors, präsentierten passable Geschäftszahlen. An der Börse verloren amerikanische Standardaktien zuletzt deutlich weniger als europäische Titel. Im Kapitalanlagebuch "Comeback der USA" beschreiben die Autoren, warum sie mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung rechnen: In der jüngeren Wirtschaftsgeschichte kam es bereits mehrfach vor, dass zuerst die USA in eine Krise schlitterten. Später erholte sich das Land auch als erstes wieder - und zog andere Industriestaaten durch die starke Nachfrage seiner Konsumenten mit.
Aktuell können wir diesen Mechanismus wieder beobachten: Während sich jenseits des Atlantiks die Lage bereits wieder stabilisiert, blickt Europa dem drohenden Abschwung ins Auge. So sind in Spanien und Großbritannien ebenfalls Immobilienkrisen ausgebrochen, deren Bewältigung Schmerzen bereiten wird. Die Börse reagiert auf diese Entwicklung, indem sie verstärkt auf die USA setzt. Eins muss man sich nämlich vor Augen halten: China, Indien, Brasilien und Russland mögen heute Turbo der Weltwirtschaft sein, der Motor sind nach wie vor die USA.
Die anstehenden Präsidentenwahlen dürften für zusätzliche Impulse sorgen. Denn egal ob ein Republikaner oder ein Demokrat ins Weiße Haus einzieht - der Neue muss für frischen Wind sorgen. Amerikaner gehen dabei pragmatisch und beherzt vor. Auch hier lohnt ein Blick in die Geschichtsbücher. Anfang der 1980er-Jahre veranlasste der damals neu gewählte Präsident Ronald Reagan milliardenschwere Rüstungsinvestitionen und senkte gleichzeitig die Steuern. Obwohl er zu Beginn seiner Präsidentschaft die auch aus damaliger Sicht exorbitant hohe Verschuldung Amerikas anprangerte, nahm er schließlich selbst sehr viel Geld in die Hand, um die US-Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Diese Konjunkturpille wirkte: Dollar und Wirtschaft kamen in den Folgejahren kräftig in Schwung.
Ein lohnendes Ziel für Investitionen des Staates wäre aktuell die Infrastruktur. Straßen, Brücken, öffentliche Verkehrsmittel sowie die Versorgungseinrichtungen für Wasser und Gas bedürfen in weiten Teilen des Landes dringend der Modernisierung. Der neue Präsident könnte auf diesem Gebiet wichtige wirtschaftspolitische Akzente setzen und sein Profil schärfen.
Investmentchancen bieten ferner die Branchen alternative Energien sowie Anlagenbau. Denn wie andere Staaten auch haben sich die USA zum Ziel gesetzt, ihre Abhängigkeit von Öllieferungen aus politisch unsicheren Regionen zu reduzieren. Auf der Agenda steht daher neben dem Bau neuer Kernkraftwerke die Förderung von erneuerbaren Energiequellen. Prominente Milliardäre wie Bill Gates oder T. Bone Pickens greifen dem vor. Sie investieren in Windparks, Biokraftstoff-Produzenten und in Hersteller von Solarstrom.