FUCHS in den Medien

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Wirtschaft regional, 24. November 2007

Abfertigung statt Beratung


Früher galten Kunden, die über 1 Mio. Franken "flüssig" hatten, als reich. Heute müssen sie lange suchen, um eine Bank oder einen externen Vermögensverwalter zu finden, der sie wirklich individuell betreut.


Steuerberater und Rechtsanwälte sind wichtige Spieler im Private Banking. Kaum ein neues Mandat kommt ohne ihre Empfehlung zustande. Wenn ein Kunde nicht bereit ist, den Namen desjenigen zu nennen, der ihn empfohlen hat und gar noch am Telefon die Summe nicht nennen will, um «die es sich handelt» - Diskretion ist doch eigentlich die erste Bankenpflicht? -, dann kann er möglicherweise etwas erleben. Nur selten etwas Angenehmes.


Eigene Fonds ankurbeln


Im günstigsten Falle setzt die Bank dann zwei Berater auf den Kunden an - den einen für kleine, den anderen für grosse Beträge. Das macht einen erheblichen Unterschied: Denn der eine betreut bis zu 600 oder sogar noch mehr Kunden und ist darauf geschult, wie ein Teppichverkäufer dem Kunden innerhalb einer halben Stunde seine Ware - gewöhnlich einen Fonds der Bank - anzudrehen. Der andere ist zumindest in der Lage, ein strukturiertes Gespräch zu führen und das Vermögen des Kunden auseinanderzunehmen. Wenn er gut ist, kann er obendrein sogar zusammen mit dem Kunden erste Lösungsansätze für knifflige Vermögensfragen erarbeiten.


Das kann ein Kunde mit einem Volumen unter 1 Mio. Euro, meist aber unter 3 Mio. Euro, jedoch immer seltener erwarten. Nicht nur die Privatbanken müssen sich heute in einem sehr harten Wettbewerb behaupten. Auch die Kundschaft muss das. Der Wettbewerbsdruck löst Rationalisierungsdruck aus. Die Banken versuchen deshalb, Produkte wie Dienstleistungen zu standardisieren und möglichst vielen Kunden innerhalb der Wertschöpfungskette anzudienen.


Vermögen gleich selber verwalten


Das klassische Private Banking gleitet zu einer fondsgestützten Massenveranstaltung ab, bei der sich die Anleger fragen müssen, ob sie davon noch einen Nutzen haben. Hier kann der Kunde von Glück sagen, wenn ihm seine Bank bei 500.000 Euro Vermögen wenigstens gute Produkte ins Portfolio legt. Die Chance-Risiko-Profile sind aber nur selten überzeugend und eine einfache Vermögensstrukturierung auf Fondsbasis, mit einer ausreichenden Streuung über verschiedene Anlageklassen hinweg, kann sich jeder heute kostengünstig über eine Internetbank organisieren. Das kostet ihn nicht mal viel Zeit. Er muss allerdings am Ball bleiben und sich regelmässig mit dem Marktgeschehen befassen.


Steuervorteile machten bequem


Verwundert es vor diesem Hintergrund, dass gerade die deutschen Anbieter, die bis zur Jahrtausendwende stets im Schatten der Schweizer Häuser standen, inzwischen die Standards setzen? Eigentlich nicht, denn dort ist der Wettbewerb um die Kunden am härtesten. Anders als in der Schweiz, in Liechtenstein, Luxemburg oder auch Österreich locken keine Standortvorzüge wie Bankgeheimnis oder attraktive steuerliche Rahmenbedingungen. Dort muss ein Dienstleister, will er seine Kunden begeistern, mit hohem persönlichen Einsatz, breitem Know-how und grossem Einfallsreichtum agieren. Nach Deutschland kommt kein Russe freiwillig, um sein Geld zu lagern. Nach Liechtenstein, in die Schweiz oder nach Luxemburg sehr wohl.


Einerseits lässt das die dortige Private-Banking-Branche ein bisschen bequem werden. Andererseits wird es für deutsche Vermögende immer schwerer, im deutschsprachigen Ausland das von allen namhaften Anbietern gepriesene ganzheitliche Vermögensmanagement zu erhalten, das den Kunden mit seinen Zielen, nicht Märkte und Produkte in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellt. Wo insbesondere reiche Osteuropäer scharenweise mit zweistelligen Millionen-Summen nur auftauchen, ihr Geld abliefern und wieder abmarschieren, da fällt es dem Kundenberater schwer, sich für den pingeligen und anspruchsvollen deutschen Kunden mit seinen 2,3 Milliönchen ein Bein auszureissen.


Produkte wichtiger als Kunden


So gilt nach wie vor: In der Schweiz, in Liechtenstein und in Luxemburg praktiziert kaum ein Haus tatsächlich «Massschneiderei», obwohl jeder Anbieter dies behauptet. Warum bestimmte Produkte in Kundenportfolios landen, welchen Zweck sie dort erfüllen, insbesondere wie Kunden ihre Liquiditäts- und Renditeziele über einen längeren Zeitraum erreichen können - das wollen oder können die meisten Häuser dort nicht zeigen. Man ist produktverliebt, aber selten im gezeigten Sinne kundenorientiert.


Sehr zögerlich wagen sich einige Banken auch daran, Vermögensverwaltung und -beratung sauber zu trennen. Denn sie müssen gegen ein Paradoxon ankämpfen, das insbesondere im Land von «Geiz ist geil» verbreitet ist: Der Kunde erwartet, dass er im Vorfeld eines Mandats umfassend beraten wird. Aber er ärgert sich darüber, dass der Anbieter diese Kosten dann über versteckte Provisionen hereinzuholen versucht. So spielen zwei, die eigentlich Partner sein sollten - Bank und Kunde - Katz’ und Maus miteinander.

Ralf Vielhaber